Snowden und Assange in Berlin – für investigativen Journalismus und gegen Überwachung
Am Wochenende fand das Logan CIJ (Center for Investigative Journalism) Symposium in Berlin statt, an dem hochkarätige Whistleblower, Journalisten und Hacktivisten teilnahmen. Unter dem Slogan „Challenge Power“ widmete sich die Gruppe – unter anderem sprachen Edward Snowden und Julian Assange per Videoanruf, oder Jacob Appelbaum und Seymour Hersh - den Themen Demokratie, investigativem Journalismus und Freiheit.
Privatsphäre und Verschlüsselung
Sie kamen zu dem Schluss, dass man sich nicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit entscheiden muss. Beides ginge Hand in Hand und wirkliche Sicherheit sie ohne Privatsphäre überhaupt nicht möglich. Das klingt zwar wie etwas, das sowieso schon jeder weiß. Doch die Überwachung nimmt immer weitere Züge an und die Menschen machen selbst im Privaten wenig dagegen. Dies zeigt, dass dieser Punkt doch noch relevant ist und nicht oft genug wiederholt werden kann. Der RBB hebt eine Aussage von Julian Assange über den Stellenwert von Verschlüsselung hervor. Denn durch diese haben große Player wie Google keine Chance, Ihre Daten abzugreifen und für ihre Zwecke zu nutzen. „Eine Verschlüsselung beim Sender, die erst wieder durch den Empfänger entschlüsselt werden kann – das sei die einzige Hoffnung.“
Investigativer Journalismus und dessen Bedeutung für unsere Gesellschaft
Ein weiterer Gast war die Journalistenlegende Seymour Hersh, der sich in der Vergangenheit durch journalistische Meisterstücke hervorgetan hat. Im Vietnamkrieg trug er durch das Aufdecken des Massakers von My Lai, in dem die Amerikanische Armee zwischen 300 und 500 unbewaffnete Zivilisten tötete, maßgeblich zur baldigen Beendigung des Krieges bei. Im Irakkrieg brachte er schlimme Foltermethoden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Seiten der Amerikaner in Abu Ghraib an die Öffentlichkeit. Am Samstag sprach er in dem Panel „Challenge Power II“ über seine Erfahrungen im investigativen Journalismus. Weitere Panels widmeten sich der Problematik von Überwachung zum Schutz der Bevölkerung oder journalistischen Plattformen, die sich unabhängigem Journalismus verschrieben haben.
Das Thema investigativer Journalismus ist brisant und aktuell. Bei den diesjährigen Oscars wurde „Spotlight“ zum besten Film gekürt, ein Film, der nach einer wahren Begebenheit die Aufklärung des größten Missbrauchsskandals in den USA behandelt. „Spotlight“ zeigt am Fall der Recherchen des Boston Globe auf eindrückliche Weise, wie wichtig unabhängiger Journalismus ist, der sich gegen mächtige Institutionen – in diesem Fall die katholische Kirche – stellt.
Jacob Appelbaum, der vor ein paar Jahren die Überwachung von Angela Merkels Handy durch die NSA aufdeckte, war ein weiterer Sprecher auf dem diesjährigen Logan CIJ. Applebaum, ein früher Unterstützer von WikiLeaks, bekam die Überwachungsmethoden der USA am eigenen Leib zu spüren. Er wurde 2010 aufgrund einer Teilnahme an einer Hackerkonferenz von einer amerikanischen Behörde verhört, sein Laptop und seine Mobiltelefone wurden beschlagnahmt. Da die Informationen darauf verschlüsselt waren, konnten die Behörden nichts damit anfangen. An seinem Beispiel wird deutlich, dass unsere Daten bei großen amerikanischen Firmen aufgrund des Patriot Acts nicht sicher sind. Twitter wurde 2011 gerichtlich gezwungen, Daten über Applebaum herauszugeben. Aufgrund der Enttäuschung darüber, zog Applebaum nach Berlin, da in Deutschland der Datenschutz besser ist.
Die Whistleblower und Journalisten setzen sich für eine freiere Welt ein, indem sie die Bedrohung durch Überwachung thematisieren und großen Institutionen Probleme machen, indem sie ihre dunklen Machenschaften aufdecken. Dafür riskieren sie einiges. Viele sind auf der Flucht, da sie als „Landesverräter“ gelten. Andere, wie Seymour Hersh, bezeugen, dass sie Probleme haben Jobs zu finden und dass ihnen Steine in den Weg gelegt werden. Das Team des Boston Globe, das den Missbrauchsskandal der Kirche in Amerika aufgedeckt hat, gewann zwar beispielsweise den Pulitzer-Preis für ihre Arbeit, musste sich jedoch von einer Harvard Professorin Vergleiche mit Osama Bin Laden gefallen lassen. ““All I can say,” she declared before a conference of Catholics, “is that if fairness and accuracy have anything to do with it, awarding the Pulitzer Prize to the Boston Globe would be like giving the Nobel Peace Prize to Osama bin Laden.””
Schützen Sie sich
Journalisten und Whistleblowers widmen sich heiklen Themen und nehmen viel auf sich; sei es Exil, Spott, oder Nachteile für die Karriere. Doch ihre Arbeit ist existenziell für unsere Gesellschaft, und Treffen wie das Logan CIJ Symposium sind eine gute Plattform, um ihnen eine Stimme zu geben. Assanges Fazit, Verschlüsselung sei unsere einzige Hoffnung, zeigt jedoch, wie jeder Einzelne sich vor der Überwachung der großen Institutionen schützen kann. Verschlüsselung der eigenen Daten auf dem eigenen PC, im Idealfall auf „Zero Knowledge“-Basis, ist ein Anfang, der Ihnen ein Stück Ihrer Privatsphäre und Ihrer Persönlichkeitsrechte zurückgibt. Whistleblower und investigative Journalisten führen derweil den großen Kampf für uns.